Share your story - Erfahrungen mit weltwärts & .lkj) - Claudia

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Ich möchte mit euch ein paar meiner Gedanken, Gefühle und Erfahrungen bei meiner letzten Dienstreise teilen. Ich möchte aber vorallem auch Danke sagen. Dafür, dass ich die Gelegenheit hatte, drei Dienstreisen ins weit entfernte Ausland während meiner Tätigkeit als weltwärts-Koordinatorin für die .lkj) machen zu dürfen.

[In blau-kursiv kommentiert das weltwärts-Team der .lkj) Sachsen-Anhalt.]

Ich habe es sehr genossen, im wuseligen bunten Accra zu sein, statt im ruhigen grauen Magdeburg. Im Nachhinein denke ich, ich hätte noch so viel mehr machen können, aber in der Zeit vor Ort, war ich doch sehr mit Emotionen, Impressionen und Meetings beschäftigt. Es war das erste Mal für mich in Westafrika, das zweite Mal erst auf dem afrikanischen Kontinent. Ich mag die bunten Stoffe, die die Frauen tragen und insgesamt die Farbenvielfalt sehr gerne.

Es war für mich die intensivste Reise meines Lebens, da bin ich mir ziemlich sicher. Ich habe sehr viel in sehr kurzer Zeit gelernt, von der Theorie zu so manchem Thema bin ich in die Praxis katapultiert worden, jeder Tag war eine Achterbahn der Gefühle…

Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung fiel, das weltwärts-Projekt der .lkj) zu beenden, war meine Dienstreise schon lange geplant und gebucht worden. Jetzt musste ich diese Nachricht Partner*innen und Freiwilligen in Ghana überbringen, eine herausfordernde Aufgabe! Die Gespräche mit den Einsatzstellenleiter*innen waren dann auch sehr aufwühlend – es kamen Gefühle zur Sprache, aber auch kritische Reflexionen zu Projekt und Kooperation. Der einseitige Nutzen zum Beispiel. Die Freiwilligen kommen aus Deutschland, landen in einer für sie völlig neuen Welt und müssen  lernen sich zurechtzufinden. Sie knüpfen Kontakte, meistern Herausforderungen, machen Erfahrungen und entwickeln sich zu reiferen Persönlichkeiten. Die Effekte dieser Lernprozesse zeigen sich oft erst nach Rückkehr, manchmal erst Jahre später. Den Einsatzstellen fällt jedoch die herausfordernde Aufgabe zu, die Freiwilligen zu unterstützen und anzuleiten. Sie bieten Struktur und Orientierung, erklären, beraten und nehmen die jungen Menschen auch mal mit nach Hause. Halt geben in physisch und psychisch belastenden Zeiten, ist eine enorme Aufgabe, für die die Mentor*innen nicht angemessen entlohnt werden können. [Das hat strukturelle Gründe] Sie fühlten sich außerdem oft alleingelassen und in ihrer Arbeit nicht wertgeschätzt. Die Freiwilligen schrieben Berichte, die Einsatzstellen nicht. [Während das für mich erstmal nach weniger Arbeit, also was Positivem klingt, ist es für die Mentor*innen eine fehlende Möglichkeit, ihre Sichtweise darzustellen.]

Wir sind alle gemeinsam traurig über das Ende der Kooperation. In den letzten Monaten haben wir versucht neue Strukturen zu etablieren und die Kooperation gerechter zu gestalten. Wir haben uns mit Problemen und Schwierigkeiten beschäftigt und sind die ersten Schritte hin zu einem Süd-Nord-Austausch gegangen.

Wir wollten Veränderung in der Welt und etwas mehr globale Gerechtigkeit im Projekt verankern. [Hui, idealistisch…] Unsere Bemühungen schienen nun sinnlos, gemeinsam trauerten wir um unsere Arbeit.  [Aber… sind wir wirklich gescheitert? Oder lernen wir nicht viel mehr für die Zukunft? Ist es nicht auch eine Chance? Innezuhalten und Neuzujustieren?] Mit der Frage „Wie würdet ihr euch fühlen, wenn Afrika seine Kooperation mit euch plötzlich einstellen würde?“ wurde ich sehr zum Nachdenken angeregt. [entäuscht, wütend, verletzt, desilusioniert, ernüchtert. Oder vielleicht wären wir auch froh, sie los zu sein?] [Und, ohje, wir – die .lkj) – repräsentieren in diesem Kontext ja tatsächlich das reiche mächtige Europa.] Irgendwie war während der ganzen Reise bei Allem immer dieser bittere Beigeschmack der Beziehungen zwischen Globalem Norden und Globalem Süden. Themen, mit denen ich mich bisher hauptsächlich theoretisch auseinandergesetzt hatte (Rassismus, Postkolonialismus, globale Machtverhältnisse) wurden während der Reise greif- und spürbar. Ich bewunderte die Menschen, die sich erhoben und auf die ein oder andere Weise Forderungen stellten, nicht länger einfach hinnehmen und akzeptieren wollten, was andere für sie beschlossen hatten.

Die Geschichte der letzten 500 Jahre hat uns an diesen Punkt gebracht, an dem wir stehen. Wir können weitermachen wie bisher. Oder wir können versuchen einen anderen Weg zu gehen. Gemeinsam.

Raymond, der Chef der Einsatzstelle im kleinen Dorf Tokokoe fragte mich: „Do you want to hear our voices?“ – Oh, ja, ich möchte eure Stimmen hören. – “Yes, I want to hear your voices, I want to see your faces! Share your story, please.”

It’s time for change.